Eisendüngung des Ozeans

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Pflanzen an Land und Algen im Meer erzeugen Energie mithilfe der Photosynthese. Dabei nehmen sie Kohlendioxid aus der Luft auf. Allein das pflanzliche Plankton im Meer erbringt etwa die Hälfte der weltweiten Photosynthese-Leistung und nimmt damit insgesamt große Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Über die Nahrungskette gelangt das gespeicherte Kohlendioxid dann in weitere Meeresorganismen wie Kleinkrebse, Fische oder Wale. Sterben die Organismen, sinken sie ab. Ein Großteil dieser Biomasse wird dabei von Bakterien verwertet, wobei das in den Lebewesen gespeicherte Kohlendioxid wieder an das umgebende Wasser abgegeben wird und über die Ozeanzirkulation irgendwann wieder in Kontakt mit der Atmosphäre gelangt. Ein kleiner Teil der Biomasse sinkt in die Tiefsee, wo er ins Sediment am Meeresgrund eingelagert wird. Damit wird ein Teil des ursprünglich im Plankton gespeicherten Kohlendioxids der Atmosphäre für lange Zeit entzogen.

Da in einem Viertel der Weltmeere ein natürlicher Mangel an Pflanzennährstoffen, insbesondere Eisen, herrscht, haben Experten bereits vor Jahren die Idee der künstlichen Eisendüngung entwickelt. Durch Düngung mit relativ kleinen Mengen Eisen ließe sich das Planktonwachstum beachtlich ankurbeln, sodass sich die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre verstärken würde. Damit könnte letztlich auch mehr Kohlendioxid durch die abgestorbene Biomasse in die Tiefsee transportiert werden. Mit Experimenten im Labor und auf dem Meer konnte gezeigt werden, dass das Phytoplankton nach Gabe von eisenhaltigem Pulver tatsachlich stark wächst.

Potenzial und Maßstab
Die Experimente zeigen, dass durch die Eisendüngung das Planktonwachstum und die Kohlendioxid-Aufnahme zunehmen. Allerdings ist die Menge Plankton, die tatsächlich in die Tiefe absinkt und damit der Atmosphäre langfristig Kohlendioxid entzieht, gering. Würde man in den kommenden Jahren beginnen, die Eisendüngung des Ozeans großskalig aufzubauen, könnten laut verschiedener wissenschaftlicher Studien ab dem Jahr 2050 jährlich weltweit zwischen 200 Millionen und zwei Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden. Um einen globalen Effekt zu erreichen, müsste aber mindestens der gesamte Südliche Ozean permanent mit Eisen gedüngt werden.

Anwendungsreife und Forschungsbedarf
Nachdem mehrere Freilandexperimente durchgeführt worden sind, nehmen inzwischen viele Wissenschaftler Abstand von der Idee der Eisendüngung als CDR-Methode, auch weil die Nebeneffekte, die die Düngung auf die Lebensgemeinschaften im Meer haben könnte, kaum abzusehen sind. So könnte es in den Ozeanen zu Effekten kommen, die man aus küstennahen Meeresgebieten kennt, die heute mit Nährstoffen überdüngt sind. Durch das Zuviel an Nährstoffen könnte es nach starken Planktonblüten und deren sauerstoffzehrenden bakteriellen Abbau zu sauerstoffarmen oder gar -freien Gebieten kommen. Als Nebeneffekt bildet sich zudem verstärkt Lachgas, ein starkes Treibhausgas, das aus dem Meer in die Atmosphäre aufsteigen kann. Dies würde die CDR-Methode teilweise konterkarieren. Ebenfalls kontraproduktiv wäre ein weiterer Mechanismus: Modellrechnungen zeigen, dass nach Beendigung der Düngung höchstwahrscheinlich ein Großteil des vom Meer aufgenommen Kohlendioxids auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrhunderten wieder in die Atmosphäre zurückkehren würde. Damit könnte die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre nach Beendigung der Maßnahmen wieder ansteigen.