Kondensstreifen - wie Flugzeuge ganz natürlich Wolken erschaffen

Wenn wir in den Himmel schauen, können wir häufig unterschiedliche Arten von Wolken entdecken. Sie unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild, ihrer Entwicklung und der Dauer ihrer Existenz. Ein inzwischen ebenfalls alltägliches Phänomen sind hier die dünnen schmalen Wolkenbänder hinter Flugzeugen. Um diese schmalen Wolkenbänder, auch Kondensstreifen genannt, ranken sich einige mysteriöse Theorien. Dies sind vor allem Spekulationen über die Entstehungsursache der Kondensstreifen, ihre Auswirkungen auf Klima und Wetter, sowie die Beeinflussung des Menschen durch angeblich dabei ausgebrachte Substanzen.

Tatsächlich steht hinter dem Erscheinungsbild, der Entwicklung und Existenzdauer der Kondensstreifen eine geschlossene physikalische Theorie, welche Prozesse beschreibt, die vollkommen ohne geheime Substanzen ablaufen.

Die Entstehung von Kondensstreifen

Kondensstreifen bilden sich in der Regel in der oberen Troposphäre – also der untersten Schicht der Erdatmosphäre - und zum Teil auch in der unteren Stratosphäre – der Schicht darüber. Es geht um eine Höhe von 8000 - 12000 m. In diesen Schichten gibt es neben den Kondensstreifen, die man als künstliche Wolken bezeichnen kann, auch natürliche Wolken, die sogenannte Zirrusbewölkung. Die beiden Wolkentypen sind optisch oft schlecht zu unterscheiden. Dennoch gibt es fundamentale Unterschiede. Dies betrifft vor allem die mikrophysikalischen Eigenschaften und die Prozesse, die zur Wolkenentstehung führen.

Beide Wolkentypen benötigen eine Umgebung, welche durch Eisübersättigung und niedrige Temperaturen charakterisiert ist. Die nötige Übersättigung für Zirren liegt bei 40 % (Pruppacher und Klett, 1997). Zusätzlich unterstützt eine meist großräumige Aufwärtsbewegung der Luft den Prozess der Wolkenbildung.

Die nötige Übersättigung für die Bildung von Kondensstreifen hingegen liegt mit 20 % weit niedriger als die für natürliche Zirrusbewölkung (Unterstrasser und Gierens, 2010). Sie können daher in Gebieten entstehen, wo sich keine natürlichen Wolken bilden. Dies ist die Erklärung für Bilder, welche vor einem sonst wolkenlosen Himmel eine große Anzahl Kondensstreifen zeigen.

Den Prozess der Kondensstreifenbildung kann man mit der morgendlichen Entstehung von Nebel über einer feuchten Wiese vergleichen, denn die Abgase von Flugzeugen haben eine hohe absolute Luftfeuchte und eine hohe Temperatur. Zurück zur Wiese: Über der Wiese liegt eine feuchte, relativ warme Luftschicht. Streicht nun eine weniger feuchte, kältere Strömung über das Gebiet, entsteht Nebel. Übertragen auf die Kondensstreifen treffen die kalte Umgebung des Flugzeugs und die feuchte, warme Luft der Abgasfahne aufeinander. Hierbei vermischen sich beide Luftmassen, wobei die Mischung zwar relativ trockener wird, als es die Luftschicht über der Wiese war, gleichzeitig jedoch auch kälter. Der Vorgang der Vermischung benötigt einige Zeit, meist einige Minuten bis zu wenigen Sekunden. Daher beginnen Kondensstreifen oft nicht direkt hinter einem Flugzeug, sondern in geringer Entfernung davon. Theoretisch ist der Mischungsprozess dann abgeschlossen, wenn so viel Umgebungsluft eingemischt wurde, dass die Mischung so stark verdünnt ist, dass keine Unterscheidung zur Umgebung zu erkennen ist.

Abb. 1: Wasserdampfpartialdruck über Temperatur mit Sättigungsdampfdruck bezüglich Wasser (volle Kurve) bzw. Eis (gestrichelt) und Mischungsgeraden (blaue Linien). Details im Text. Nach Schumann (1996).

Der physikalische Prozess:

Der Prozess der Kondensstreifenbildung kann in einem Diagramm dargestellt, werden, in welchem der partielle Wasserdampfdruck (als Maß für den Feuchtegehalt) über der Temperatur aufgetragen ist (Abb. 1). Der Mischungsprozess verläuft in erster Näherung linear (blaue Linien). Entscheidend für die Entstehung des Nebels ist nun die Tatsache, dass die Sättigungsfeuchte, also jene Menge an Wasserdampf in der Luft, die bei der aktuellen Temperatur gerade zu einer relativen Feuchte von 100 % führt, nicht linear, sondern exponentiell mit der Temperatur verläuft (schwarze Linien). Dies wird durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung beschrieben (Pruppacher und Klett, 1997).

Es ist also möglich, dass die Vermischung zweier untersättigter Luftmassen Übersättigung erzeugt. Überschreitet die relative Feuchte 100 %, so kann der überschüssige Wasserdampf zu Tröpfchen kondensieren. Dies kann im Bereich links der durchgezogenen schwarzen Linie passieren.

Bei der Verbrennung von Kerosin entstehen hauptsächlich CO2 und Wasser. Somit haben Abgase von Flugzeugen eine hohe absolute Luftfeuchte. Außerdem ist die Temperatur der Abgase verglichen mit der Umgebung sehr hoch. Die Luft in der Abgasfahne eines Flugzeugs kann daher recht viel Wasserdampf enthalten, ohne dass dieser kondensieren kann. In der Abbildung symbolisiert der Punkt A Werte, wie sie in einer frischen Abgasfahne eines Flugzeugs auftreten.

Es lassen sich nun drei Fälle unterscheiden:

  • Führt der Mischungsprozess nicht zu Übersättigung, so können sich keine Kondensstreifen bilden (Linie 2).
  • Die Linie 1 beschreibt Situationen, bei denen sich Kondensstreifen bilden. Bei Punkt B ist die Umgebung untersättigt. Falls bei der Mischung Übersättigung auftritt, in der Umgebung jedoch nicht, können sich zwar Kondensstreifen bilden, jedoch lösen sie sich in der untersättigten Umgebung rasch wieder auf. Dies kann beobachtet werden, als Kondensstreifen hinter Flugzeugen, welche nach kurzer Zeit verschwinden. Zu beachten ist hier, dass sichtbare Kondensstreifen nicht aus flüssigen Tröpfchen bestehen, da diese aufgrund der niedrigen Temperaturen sehr rasch zu Eiskristallen gefrieren.
  • Ist im Gegensatz dazu auch die Umgebung übersättigt (Punkt C), so können Kondensstreifen bzw. die Eiskristalle darin bestehen. Abhängig vom Wasserdampfgehalt, der Übersättigung , sowie der Strömung in der Umgebung überleben sie mehrere Stunden und wachsen durch Aufnahme von Wasserdampf aus der Umgebung an. Die linienhafte Struktur der jungen Kondensstreifen verdriftet allerdings nach geraumer Zeit mit der atmosphärischen Strömung.

Einfluss von Flugzeug und Treibstoff

Unabhängig von den meteorologischen Bedingungen der Atmosphäre spielt bei der Entstehung von Kondensstreifen auch der Treibstoff und der Wirkungsgrad von Flugzeugtriebwerken eine Rolle. So werden Bio-Fuels (z. B. Gierens, 2007) getestet, welche bei der Verbrennung weniger bzw. andere Partikel erzeugen, als normales Kerosin und daher auch die Eigenschaften von Kondensstreifen verändern können. Zudem erzeugen moderne Triebwerke kühlere Abgase als ältere. Da somit bei niedrigeren Temperaturen aber gleichem Wassergehalt die relative Feuchte in der Abgasfahne höher ist, können hinter neueren Flugzeugen Kondensstreifen entstehen, wo sie bei älteren Flugzeugen unter gleichen Umgebungsbedingungen nicht entstanden wären. In den letzten Jahren hat der Luftverkehr deutlich zugenommen (Abb. 2), eine entsprechende Zunahme der Kondensstreifen ist daher logisch.

Abb. 2: Fluggastaufkommen, Flugbewegungen und Luftfracht am Frankfurter Flughafen seit 1936. Die Anzahl der zivilen Flugbewegungen (https://de.wikipedia.org/wiki/Flughafen_Frankfurt_am_Main#cite_note-Luftverkehrsstatistik-415).

Formenvielfalt

Es wurde bereits erklärt, warum es kurze linienhafte Kondensstreifen und ausgedehntere, diffuse gibt. Daneben sieht man aber auch detailliertere Strukturen: Teilweise dichte, zungenähnliche Ausstülpungen innerhalb eines Kondensstreifens werden Fallstreifen genannt. Diese Erscheinung hängt zusammen mit der Entstehung der Eiskristalle. Dabei entstehen und gefrieren nicht alle Tröpfchen gleichzeitig. Die Eiskristalle in einem Kondensstreifen sind also nicht alle gleich groß, vielmehr liegt ein Spektrum verschieden großer Kristalle in unterschiedlich großer Anzahl vor. Da die größeren Kristalle schwerer sind als die kleinen, fallen sie schneller nach unten und bilden die Fallstreifen.

Zu beobachten sind auch unterbrochene Kondensstreifen. Linienförmige Kondensstreifen enden teilweise und beginnen erneut in einiger Entfernung, obwohl sie offensichtlich vom selben Flugzeug stammen. Grund dafür sind einmal Schwankungen im Wasserdampfgehalt der Umgebung, (Heymsfield et al., 1998) denn kleine Eiskristalle lösen sich in untersättigter Umgebung sehr rasch auf, was zu den Unterbrechungen führt. Zum anderen kann sich die Richtung der Strömung in der Umgebung ändern, was zu unterschiedlichen Verwehungen der Kondensstreifen führt. Da in der oberen Troposphäre und der unteren Stratosphäre hohen Windgeschwindigkeiten herrschen, kann dies sehr schnell geschehen.

Eine weniger physikalische, als vielmehr technische bzw. organisatorische Ursache haben gitterartige Kondensstreifenmuster oder Muster mit kreisförmigen Verläufen. Muss ein Flugzeug beim Anflug auf den Zielflughafen warten, bis die vorgesehene Landebahn verwendet werden kann, werden Warteschleifen geflogen. Parallele und sich kreuzende Strukturen kommen durch die vorgegebenen Flugrouten zustande. Diese liegen um mehrere hundert Meter vertikal auseinander. Als Beobachter von der Erde kann man diese Unterschiede in den Flughöhen nur schwer erkennen. In den verschiedenen Höhen können zudem unterschiedliche meteorologische Verhältnisse herrschen, sodass beispielsweise durch den Versatz der Streifen ein gitterähnliches Muster entsteht.

Kondensstreifen und der Klimawandel

Kondensstreifen sind ebenso wie die Abgasfahnen der Schiffe ein sichtbares Zeichen für die anthropogene Beeinflussung der Atmosphäre. Nahliegend ist daher die Frage, ob und in welchem Ausmaß sich diese künstlichen Wolken auf das Klima auswirken. Eine Frage, die Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen ist (z. B. Burkhardt und Kärcher, 2011; Markowicz und Witek, 2011; Yi et al., 2012).

In den Höhenbereichen, in denen Kondensstreifen auftreten, beeinflussen Eiswolken den Strahlungshaushalt und damit das Klima der Erde in zweierlei Hinsicht. Zum einen haben sie einen wärmenden Effekt, da sie die von der Erde ausgehende Strahlung davon abhalten, ins Weltall zu gelangen. Dies wird als (natürlicher) Treibhauseffekt bezeichnet. Zum anderen kühlen sie die Erde, da an ihrer Oberseite die solare Strahlung direkt zurückgestreut wird, ohne die Erde zu erreichen und damit zu erwärmen. Natürliche Eiswolken wirken vor allem wärmend auf die Erde (Lohmann et al., 2008). Bei Kondensstreifen können diese beiden Effekte bislang nicht mit Sicherheit quantifiziert werden. Man ist sich jedoch sicher, dass der wärmende Effekt überwiegt (Burkhardt und Kärcher, 2011).

Gezielte Beeinflussung des Klimas durch Climate Engineering?

Mit dem Begriff Climate Engineering werden eine Vielzahl an technischen Methoden bezeichnet, mit denen man gezielt das Klima großskalig beeinflussen könnte. Eine Idee ist, das globale Ausbringen von Partikeln in der Atmosphäre durch Flugzeuge. Würde es gelingen, den oben beschrieben kühlenden Effekt von Eiswolken zu imitieren oder zu verstärken, könnte die Erwärmung der Erde verringert werden (Mitchell und Finnegan, 2009). Solche Methoden werden jedoch bislang nur theoretisch erforscht. Hier kommt man zu dem Ergebnis, dass eine solche Methode effektiv sein könnte (Storelvmo et al., 2013). Die komplexen Wechselwirkungen eines solchen Eingriffs in die Atmosphäre sind aber zu wenig verstanden, um das Auftreten ausgleichender oder gar gegenteiliger Effekte auszuschließen (Cziczo et al., 2013).

Wetterbeeinflussung durch Flugzeuge?

Praktische Versuche des Ausbringens von Substanzen mit dem Ziel der Wetterbeeinflussung finden lediglich vereinzelt und auf einer sehr kleinen Skala statt. Sogenannte Hagelflieger werden bei drohenden Unwettern über Weinbaugebieten eingesetzt, um Gewitterwolken so zu modifizieren, dass keine oder kleinere Hagelkörner entstehen (Gilbert et al., 2016). Ebenfalls sollen solche Methoden in China zum Einsatz gekommen sein, um beispielsweise schönes Wetter für staatlich relevante Großereignisse zu garantieren (Spiegel, 2008). Die Wirksamkeit dieser Methoden ist fragwürdig und wissenschaftlich nicht belegt.

Schlussbemerkung

Der These, dass geheime, global agierende Gruppierungen die Gesellschaft als Ganzes unterwandern und mittels geheimer Methoden Substanzen ausbringen lassen, die man in Form der Kondensstreifen am Himmel erkennen könne, um Wetter, Klima und Menschen zu kontrollieren, kann mit guter wissenschaftlicher Praxis nicht bewiesen werden.

In dieser Ausführung wurde sehr kurz beschrieben, welche gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse man über die Entstehung, den Verlauf und die Wirksamkeit von Kondensstreifen hat. Die Quellenangaben laden zum weiteren Studium evidenzbasierter, wissenschaftlicher Veröffentlichungen ein. Die impliziten Schlussfolgerungen aus obigen physikalisch sinnvollen und wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen zur Entstehung von Kondensstreifen sowie zu den in diesem Kontext auftretenden Phänomenen müssen dem Leser überlassen werden.

Literatur zur Vertiefung

Boucher, O., D. Randall, P. Artaxo, C. Bretherton, G. Feingold, P. Forster, V.-M. Kerminen, Y. Kondo, H. Liao, U. Lohmann, P. Rasch, S.K. Satheesh, S. Sherwood, B. Stevens, X.Y. Zhang, 2013: Clouds and Aerosols. In: T.F. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex, P.M. Midgley (eds.), Climate Change 2013: The Physical Science Basis (Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change). Cambridge University Press.

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http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/olympia-wetter-china-schiesst-auf-regenwolken-a-569361.html.

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Unterstrasser, S., K. Gierens, 2010: Numerical simulations of contrail-to-cirrus transition - Part 1: An extensive parametric study. Atmos. Chem. Phys. 10, 2017 - 2036.

Yi, B., P. Yang, K.-N. Liou, P. Minnis, J. Penner, 2012: Simulation of the global contrail radiative forcing: A sensitivity analysis. Geophys. Res. Lett. 39, L00F03.