Fakten: Kohlendioxid - Ein Abgas verändert die Welt

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Verkehr, Elektrizität, Nahrungsmittel: Kohlendioxid entsteht bei allem, was modernen Menschen das Leben erleichtert. Dabei können wir das Treibhausgas weder sehen noch riechen oder schmecken. Von großen Teilen der Bevölkerung unbemerkt reichert es sich in der Atmosphäre an und heizt der Erde mächtig ein.

Die Menschheit hat seit Beginn des Industriezeitalters vor
270 Jahren mehr als 2.200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre entlassen. Diese Zahl weckt allerdings kaum ein echtes Problembewusstsein. Man sieht das Treibhausgas nicht, schmeckt es nicht, riecht es nicht. Deshalb fällt es den meisten Menschen im Alltag auch nicht schwer, das Thema zu ignorieren. Niemand bemerkt beim Arbeiten oder in freier Natur, in welchem Ausmaß die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre steigt.


Immer offensichtlicher werden dagegen die Folgen, welche der anhaltende Kohlendioxid-Ausstoß nach sich zieht. Das Abgas reichert sich in der Erdatmosphäre an und bremst die Selbstkühlungsmechanismen des Planeten. Die Erdoberfläche kann große Anteile der einfallenden Sonnenenergie nicht mehr so einfach als Infrarotenergie in das Weltall zurückstrahlen. Die Wärme bleibt stattdessen im Erdsystem gefangen. Auf diese Weise ist die globale mittlere Oberflächentemperatur im zurückliegenden Jahrhundert um etwa 1 Grad Celsius gestiegen. In Deutschland fiel die Erwärmung sogar noch höher aus: Im Zeitraum von 1881 bis 2014 stieg die Jahresdurchschnittstemperatur um 1,3 Grad Celsius. Deutliche Spuren hat der Klimawandel bereits an der deutschen Nord- und Ostseeküste hinterlassen. Der Wasserpegel beider Meere ist in den zurückliegenden 100 Jahren um 10–20 Zentimeter gestiegen, weil die Gletscher und Eisschilde der Erde schmelzen und sich das wärmer werdende Wasser ausdehnt.

Entwicklung der Temperatur (grün) im Vergleich zur CO2 -Konzentration (blau), ergänzt durch unterschiedliche Temperatur-Szenarien unter der Annahme eines Weitermachens wie bisher (rot gestrichelt).

Eine grenzenlose Herausforderung

Ähnliche Berichte kommen inzwischen aus fast allen Teilen der Welt: In Alaska planen die Bewohner von Insel- oder Küstendörfern wie Shishmaref und Newtok den Umzug ihrer Gemeinden, weil der arktische Dauerfrostboden, auf dem ihre Häuser stehen, auftaut und vom Meer davongespült wird. Der Millionenmetropole Kapstadt ging nach langer Trockenheit 2018 fast das Trinkwasser aus. Der Golfstrom schwächt sich ab, die Gletscher der Polarregionen und Hochgebirge schmelzen, und im größten Korallenriff der Erde, dem australischen Great Barrier Reef, starben in den zwei warmen Sommern 2016 und 2017 rund die Hälfte aller Korallen an Hitzestress. Niedrig gelegene Inselstaaten wie Kiribati und Tuvalu kämpfen derweil gegen die Folgen des Meeresspiegelanstiegs. Hier und anderswo zeigt sich: Der Klimawandel kennt keine Staatsgrenzen. Er ist ein globales Problem, von dessen Folgen die verschiedenen Nationen bislang in einem unterschiedlichen Maße betroffen sind, dessen Ursachen und Ausmaß sie aber nur gemeinsam bekämpfen können.

Aus diesem Grund versucht die internationale Staatengemeinschaft seit den 1990er-Jahren, ein internationales Regelwerk zur Begrenzung der Treibhausgas-Emissionen auszuhandeln. Ein wichtiger Durchbruch gelang dabei im Dezember 2015 auf der 21. Internationalen Klimakonferenz in Paris, als sich Regierungsvertreter aus 175 Ländern auf das Ziel einigten, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, bestenfalls sogar auf 1,5 Grad Celsius. Die Regierungen stimmten damit einer drastischen Reduzierung der Treibhausgase zu. Fast alle Nationen haben im Anschluss an Paris nationale Klimaschutzziele definiert. Ob es der Staatengemeinschaft aber tatsächlich gelingen wird, diese Ziele politisch umzusetzen, hängt davon ab,  dass die einzelnen Staaten ihren Worten auch Taten folgen lassen und effektive Maßnahmen zur Emissionsvermeidung einführen.

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Selbst wenn alle Möglichkeiten genutzt würden, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, würde das 2-Grad-Ziel mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr einzuhalten sein. Es bliebe dann ein Rest an Erwärmung, hier grob skizziert als orange Fläche.

Der einzige Ausweg: ein emissionsneutrales Leben

Kohlendioxid ist ein ausgesprochen langlebiges Treibhausgas, das als ungewolltes Abfallprodukt bei nahezu allem entsteht,  was unser Leben erleichtert – im Luft-, Straßen- und Güterverkehr, beim Verbrennen von Kohle, Erdöl oder Erdgas, in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und bei der Produktion sämtlicher Konsumgüter. Einmal freigesetzt, kann Kohlen­dioxid die Temperaturkurve der Erde über Jahrhunderte in die Höhe treiben. Nur ein Beispiel: 1.000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in der Atmosphäre haben das Potenzial, die Erde um bis zu 0,7 Grad Celsius zu erwärmen. Klimaforscher versuchen deshalb, die Gesamtsumme aller bisher ausgestoßenen Treibhausgase zu bestimmen, um im Anschluss zu berechnen,  wie viel Kohlendioxid noch freigesetzt werden darf, bis eine bestimmte Temperaturgrenze erreicht wird. 

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, dürften – so der Welt­klimarat (IPCC) – ab 2018 etwa 420 Milliarden Tonnen Kohlendioxid emittiert werden. 1.200 Milliarden Tonnen wären es, wenn die Temperatur nicht über 2 Grad Celsius steigen soll. Die gegenwärtigen Kohlendioxid Emissionen liegen bei gut 40 Milliarden Tonnen pro Jahr. Damit wäre das Guthaben für das 1,5-Grad-Ziel schon vor 2030 aufgebraucht, jenes für das 2-Grad-Ziel im Zeitraum vor 2050. Einige wissenschaft­liche Studien geben der Menschheit etwas mehr, andere etwas weniger Zeit, ihre Kernbotschaft ist jedoch dieselbe: Soll die globale Erwärmung gestoppt werden, muss es gelingen, die Kohlendioxid-Emissionen auf null zu reduzieren – auch wenn die Wissenschaft nicht auf das Jahr genau beziffern kann, wie viel Zeit für einzelne Temperaturziele noch bleibt.

Die Lasten gerecht verteilen

Eine wichtige Frage lautet, wie dieser Schritt gelingen soll, ohne die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung weltweit zu gefährden. Tatsache ist, dass sich die Erde nicht gleichmäßig erwärmt und der Klimawandel die Nationen im unterschiedlichen Ausmaß trifft. Beispielsweise spüren viele Schwellen- und Entwicklungsländer in Äquatornähe die Folgen der Erwärmung heute schon in einem viel größeren Ausmaß als viele Industrienationen im Norden. Lange Dürre­perioden, Ernteausfälle und Hungersnöte sind nur drei von vielen negativen Auswirkungen. Es gibt aber auch Regionen, die vom Temperaturanstieg profitieren. Vorteilhaft wirkt sich der Klimawandel beispielsweise für die Fischer Grönlands aus. Ihnen gehen inzwischen viele jener beliebten Speisefische ins Netz, die aufgrund steigender Wassertemperaturen aus den mittleren Breiten des Atlantischen Ozeans in den Norden abgewandert sind. Überwiegen aber wird die Zahl der Verlierer.

Im Zuge des Klimawandels könnten große Regionen der Welt für Menschen unbewohnbar werden. Er gefährdet den Anbau von Nutzpflanzen in vielen Teilen der Erde und auf diese Weise auch den Weltfrieden.  Die Staatengemeinschaft steht daher nicht nur vor der Herausforderung, möglichst schnell Wege in eine kohlendioxid-neutrale Zukunft zu finden. Sie muss es auch schaffen, die Lasten und Kosten des gesellschaftlichen Wandels hin zu einer emissionsneutralen Gesellschaft sowie die Kosten der Anpassung an den Klimawandel gerecht zu verteilen. Anderenfalls wird es nicht gelingen, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs, ­Sustainable Development Goals) zu erreichen. Zu diesen zählen unter anderem die Armutsbekämpfung sowie der Zugang zu ausreichend Nahrung, zu sauberem Wasser und zu nachhaltiger und verlässlicher Energie für alle Bürger der Erde. Klimaschutz und Entwicklung sind eng miteinander verzahnt.

Machen 0,5 Grad Celsius einen Unterschied?

Angesichts der politischen Diskussionen um das Pariser Klima­abkommen stellt sich die Frage, welchen Unterschied es eigentlich macht, die globale Erwärmung auf 1,5 anstatt auf 2 Grad Celsius zu begrenzen. Ist es sinnvoll, das ehrgeizigere Ziel zu verfolgen?

Der Weltklimarat legte 2018 in seinem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel die Unterschiede offen. So würde in einer Welt, die sich bis 2100 nur um 1,5 Grad Celsius erwärmt, die Meereisdecke des Arktischen Ozeans im Sommer seltener vollständig abschmelzen als unter 2-Grad-Bedingungen. Der Meeres­spiegelanstieg würde bei einer Erwärmung um 1,5 Grad deutlich geringer ausfallen als bei 2 Grad. Damit wären die Anpassungschancen für Menschen und Ökosysteme in Küstengebieten und auf kleinen Inseln größer. Die Versauerung der Ozeane würde bei 1,5 Grad in einem geringeren Maße zunehmen und die Lebensgemeinschaften der Meere weniger belasten. Beispielsweise könnten bei einer 1,5 Grad wärmeren Welt bis zu 30 Prozent aller Korallenriffe überleben, bei 2 Grad würden sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit komplett verschwinden. Von Relevanz wäre der Unterschied von 0,5 Grad Celsius auch für den Erhalt von Lebensräumen an Land und das Ausmaß an Artenverlusten. Über Land würden die Tageshöchsttempera­turen weniger dramatisch ansteigen, die Gefahr von Wetterextremen wie Starkregen oder Hitzeperioden wäre geringer und der Welt bliebe ein enormer wirtschaftlicher Schaden erspart. Es lohnt sich also aus vielen Gründen, das ambitioniertere der beiden Klimaziele zu verfolgen. Zurzeit sind wir aber selbst vom 2-Grad-Ziel noch weit entfernt. Ohne konkrete Maßnahmen, die über die bisherigen Versprechungen der einzelnen Länder hinausgehen, steuern wir derzeit eher auf eine mehr als 3 Grad wärmere Welt zu. ◆

K O M P A K T

 
 

Seit Beginn der Industrialisierung steigt die Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre kontinuierlich an und verstärkt die Erwärmung der Erde. Im 20. Jahrhundert ist die globale Oberflächentemperatur um 1 Grad Celsius gestiegen – Trend anhaltend.

 
 
  • Die Folgen der Erderwärmung sind inzwischen in allen Teilen der Welt zu spüren und führen u. a. zu einer Zunahme der Wetterextreme und zu einem Anstieg des Meeresspiegels. Die Folgen der Erderwärmung bedrohen Abermillionen Menschen.
 
 
  • Auf der Pariser Klimakonferenz haben sich 175 Länder auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf deutlich unter 2 Grad Celsius, bestenfalls sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dazu muss es spätestens in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gelingen, in der Gesamtbilanz das Kohlendioxid von bisher 40 Milliarden Tonnen pro Jahr auf null zu reduzieren.
 
 
  • Die Auswirkungen und Folgekosten des Klimawandels fallen weniger dramatisch aus, wenn es gelingt, die Erderwärmung auf 1,5 anstatt auf 2 Grad Celsius zu begrenzen.
 
 
  • Um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben und den sozialen Frieden (z. B. Vermeidung großer Fluchtbewegungen) zu wahren, müssen die Kosten und Lasten einer notwendigen Anpassung und eines notwendigen gesellschaftlichen Wandels gerecht verteilt werden.
 

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